Mit einer Bürgschaft wird sichergestellt, dass ein Schuldner seine Leistung gegenüber einem Gläubiger erbringt, abgesichert durch einen Bürgen. Wenn der Gläubiger die Bürgschaft in Anspruch nimmt, haben Sie als Gläubiger verschiedene Möglichkeiten, die Inanspruchnahme abzuwehren. Hier erfahren Sie, ob und wie Sie die Inanspruchnahme abwehren können und welche Folgen es für Sie hat, wenn ein Auftraggeber die Bürgschaft in Anspruch nimmt.
Damit ein Auftraggeber eine Bürgschaft in Anspruch nehmen kann, muss ein schriftlich geschlossener Vertrag vorliegen. Außerdem muss es drei Parteien geben:
Außerdem muss die mit der Bürgschaft abgesicherte Hauptschuld noch bestehen. Das heißt, dass die Forderung, für die die Bürgschaft als Sicherheit hinterlegt wird, noch nicht beglichen wurde. Zum Beispiel besteht bei einer Vertragserfüllungsbürgschaft die Hauptschuld noch, wenn der Vertrag noch nicht vollständig erfüllt ist.
Wenn der Auftraggeber eine Bürgschaft in Anspruch nimmt, wendet er sich an den Versicherer und meldet den Schaden. Es ist nicht notwendig, dass er die Originalurkunde einreicht, um sie zu beanspruchen. Für den weiteren Verlauf gibt es zwei verschiedene Wege.
Bürgschaft mit Zusatz „auf erstes Anfordern“:
Wenn im Bürgschaftsvertrag die Klausel „auf erstes Anfordern“ steht, zahlt der Versicherer die versicherte Summe direkt an den Auftraggeber aus, wenn dieser den Schaden meldet. Der Versicherer darf die Ansprüche des Auftraggebers nicht auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen, sondern muss umgehend zahlen. Außerdem informiert der Versicherer Sie darüber, dass die Bürgschaft gezogen wurde und fordert den fälligen Betrag von Ihnen ein. Ob Sie im Vorfeld Einspruch gegen die Auszahlung erheben können, ist eine Einzelfallentscheidung. In der Regel kann die Inanspruchnahme aber nicht abgewendet werden. Erst im Nachhinein kann dagegen vorgegangen werden. Die Versicherung kann dann überprüfen lassen, ob die Hauptschuld erfüllt ist. Ist das nicht der Fall, fordert sie die Rückzahlung vom Auftraggeber.
Mit der Bürgschaft auf erstes Anfordern muss der Versicherer bedingungslos auszahlen. Damit ist ein großes Risiko verbunden, weil der Gläubiger erst mal „grundlos“ die Bürgschaft in Anspruch nehmen kann.
Bürgschaft ohne Zusatz „auf erstes Anfordern“:
Auch in diesem Fall wendet sich der Auftraggeber an Ihren Versicherer. Er meldet den Schadensfall, der dadurch eintritt, dass Sie den mit der Bürgschaft abgesicherten Forderungen nicht nachkommen. Der Versicherer informiert Sie als Versicherungsnehmer über die Inanspruchnahme. Er kann Sie dazu auffordern, eine Stellungnahme zu verfassen oder sogar gerichtlich gegen die Ansprüche vorzugehen. Tatsächlich ist der Versicherer nicht dazu verpflichtet, Sie nach Einwänden zu fragen oder die Ansprüche vom Auftraggeber zu prüfen. Theoretisch kann er die versicherte Bürgschaftssumme an den Auftraggeber auch ohne Prüfung auszahlen. In der Praxis prüfen Versicherer aber recht genau, da ungerechtfertigte Schadenaufwendungen vermieden werden sollen.
Wenn der Versicherer für den Schaden aufgekommen ist, fordert er den entsprechenden Betrag inklusive möglicher weiterer Gebühren von Ihnen zurück.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Inanspruchnahme einer Bürgschaft vorerst oder dauerhaft abzuwehren. Entscheidend ist, ob die Bürgschaft den Zusatz „auf erstes Anfordern“ enthält oder nicht. Ist der Zusatz nicht enthalten, ist das Abwehren einer Inanspruchnahme möglich.
Um zu verhindern, dass eine Bürgschaft beansprucht wird, gibt es eine Vielzahl an Optionen, die zwei gängigsten sind die Einrede der Vorausklage und die Einrede der Verjährung.
Einrede der Vorausklage
Der Bürge, also in diesem Fall der Versicherer, kann die Einrede der Vorausklage nutzen, um die Inanspruchnahme der Bürgschaft vorläufig zu verhindern. Einrede der Vorausklage bedeutet, dass Ihr Auftraggeber (Gläubiger) versuchen muss, seinen Anspruch gegenüber Ihnen geltend zu machen. Erst wenn der Auftraggeber nachweislich gescheitert ist, muss die Versicherung ihre Leistung erbringen und die Bürgschaftssumme an den Auftraggeber auszahlen.
Eine Inanspruchnahme per Einrede der Vorausklage abzuweisen ist nicht möglich, wenn es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt oder wenn Ihr Vertrag den Zusatz „auf erstes Anfordern“ enthält. Dann steht in diesem i. d. R. auch, dass Sie auf die Einrede der Vorausklage verzichten.
→ Ihr Auftraggeber kann die Bürgschaft so lange nicht in Anspruch nehmen, bis er auf rechtlichem Wege, zum Beispiel mit einer Zwangsvollstreckung oder einem Mahnbescheid, gescheitert ist.
Einrede der Verjährung
Mit der Einrede der Verjährung wird die Bürgschaft als verjährt betrachtet und die damit abgesicherte Leistung muss nicht mehr erbracht werden. Eine Verjährung ist nicht direkt gültig, wenn eine bestimmte Frist überschritten wird, sondern dann, wenn Sie eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Gläubiger (Ihrem Auftraggeber) abgeben. In dieser Erklärung geben Sie an, dass Sie von der Einrede der Verjährung Gebrauch machen. Sie könnten also auch auf die Einrede der Verjährung verzichten und die Leistung freiwillig erbringen.
→ Die Verjährungsfrist sollten Sie für Ihren Fall individuell prüfen. In der Regel läuft die Verjährungsfrist 3 Jahre ab Jahresende. In einigen Fällen ist die Verjährungsfrist aber kürzer oder länger oder beginnt zu einem anderen Zeitpunkt. Zum Beispiel verjähren Mängelansprüche bei einem fehlerhaften Produkt nach 2 Jahren.
Auf jeden Fall sollten Sie den Schuldner schriftlich und per Einschreiben über die Abwehr der Inanspruchnahme informieren. Für eventuelle Gerichtsverfahren ist das absolut notwendig.
Folgen für den Versicherungsnehmer
Wenn Ihr Auftraggeber die Bürgschaft zieht, wird Ihr Bürgschaftsrahmen zunächst gesperrt. Das ist so lange der Fall, bis der Versicherer beurteilt hat, ob die Ansprüche rechtmäßig sind bzw. er die Bürgschaftssumme für eine Bürgschaft „auf erstes Anfordern“ an den Auftraggeber ausgezahlt hat. Solange Ihr Rahmen bei der Kautionsversicherung gesperrt ist, können Sie keine weiteren Bürgschaften beantragen. Alle bereits ausgestellten Bürgschaften sind davon nicht betroffen und gelten gemäß dem Vertrag.
→ Aus unserer Erfahrung: Die Zeit, bis der Versicherer entschieden hat, ob er die Entschädigung auszahlt, kann lang werden. So lange bleibt Ihr Bürgschaftsrahmen gesperrt. Daher ist es ratsam, dass Sie alle vom Versicherer angeforderten Unterlagen (z. B. Stellungnahme zum Schaden, Belege) schnellstmöglich einreichen. Die Kommunikation mit Ihrem Auftraggeber sollten Sie schriftlich festhalten, insbesondere wenn Sie die Inanspruchnahme abwehren. Teilweise nehmen Auftraggeber die Bürgschaft in Anspruch und melden sich dann nicht mehr zurück. Auch in diesem Fall bleibt Ihr Rahmen zunächst gesperrt, da der Versicherer die Klärung des Schadenfalls abwarten möchte. Daher ist eine offene Kommunikation mit dem Auftraggeber und der Versicherung wichtig, um solche Fälle zu vermeiden. Kommt es trotzdem dazu und Sie benötigen eine neue Bürgschaft, helfen wir Ihnen weiter.
Wenn der Versicherer die Bürgschaft ausgezahlt hat, wendet er sich an Sie und verlangt die Rückzahlung. In der Regel ist der Versicherer nur der Vermittler und stellt die Sicherheit. In dem Fall, dass Sie das Geld nicht zurückzahlen können, weil Sie insolvent sind, muss der Versicherer die Kosten tragen.
→ Wichtig: Dass eine Bürgschaft gezogen wurde, hat keine weiteren Auswirkungen auf Ihre Kautionsversicherungen, solange Sie die Schäden begleichen. Ihre Beiträge bleiben gleich, und sobald der Rahmen wieder frei ist, können Sie neue Bürgschaften beantragen.
Wenn Ihr Auftraggeber eine Bürgschaft in Anspruch nimmt, egal ob berechtigt oder unberechtigt, hat das immer Folgen für Sie. Bis Ihr Versicherer die Ansprüche geprüft und/oder die Entschädigung ausgezahlt hat, wird Ihr Bürgschaftsrahmen gesperrt. Sie können also keine neuen Bürgschaften aus diesem Rahmen in dieser Zeit beantragen. Je nach Bürgschaftsvertrag gibt es verschiedene Möglichkeiten, um die Inanspruchnahme vorläufig oder dauerhaft abzuwehren.